Regelmäßige, passive Einkommen aus Nutzungsrechten sind auch in der Entertainment-Branche nicht selten.
Was haben Immobilien, Aktien oder Entertainment IPs gemeinsam? Richtig. Gute Aussichten auf langfristig stabile Einkünfte für die Eigentümer. Zum einen durch Bauen, Emittieren oder Produzieren neuer Produkte sowie durch Handel mit den jeweiligen Inhaber-Anteilen. Aber – wesentlich vor allem, wenn es um Langfristigkeit geht – durch Mieteinkünfte, Dividenden-Ausschüttungen oder Tantiemen, auch Lizenzgebühren oder Royalties genannt. Und Thema dieses Blog-Beitrags. Ein kurzer Überblick über einen der interessantesten Einkommensströme der Entertainment-Branche.
Sie kennen sicher auch den (fast) Milliardär Jerry Seinfeld, namengebender Erfinder und Hauptdarsteller der inzwischen legendären TV-Serie “Seinfeld”, oder? Wussten Sie, dass er (fast) Milliardär ist? Und, wenn ja, haben Sie sich schon einmal gefragt, wie es dazu kam? Nun, an seinen Schauspieler-Gagen allein lag es nicht. Sein geschätztes Vermögen von derzeit ca. 950 Millionen USD verdankt der Komödiant letztlich vor allem einer Geldquelle: Royalties.
Denn Seinfeld war nicht nur Darsteller und Autor der von 1990 bis 1996 über 196 Episoden hinweg zu Weltruhm gekommenen Comedy-Serie. Er war auch deren Produzent bzw., in gutem Branchen-Englisch gesagt, der “Creator”. Ein Status, der Jerry Seinfeld bis zum heutigen Tag viel Geld mit den inzwischen bis zu 30 Jahre alten “Seinfeld”-TV-Inhalten verdienen lässt. Mehrheitlich schlicht durch die Royalties, welche ihm immer wieder zukommen. Wie kann so eine günstige Situation für relevantes, passives Einkommen entstehen?
Bevor ich zu den Details komme, kurz ein Blick auf die Begrifflichkeiten. Im Wirtschaftsleben werden unter der Auszahlung von Tantiemen, Lizenzgebühren oder Royalties in verschiedenen Branchen verschiedene Dinge verstanden. Eine Tantieme kann bspw. zum einen eine Gewinnbeteiligung an einem Unternehmen sein. Oder eben in der Entertainment-Welt eine an einen Autor oder Musiker gezahlte Vergütung für die Aufführung oder Wiedergabe seines filmischen, narrativen oder musikalischen Werkes. Aber, so oder so: Es geht bei den Ausschüttungen von Royalty Geldern in der Regel um regelmäßige, nach einem vorher bestimmten Verteilungsschlüssel auszuzahlende Beträge, die als Anteil aufgrund von Bemessungsgrundlagen wie Gesamtumsätzen oder Gesamteinkünften errechnet werden.
Die Verwendung der Begrifflichkeiten ist im Umgangssprachgebrauch meist recht durchlässig, so dass Definitions-Ungenauigkeiten im Rahmen eines Blogposts zum Thema nahezu unvermeidlich sind – insbesondere, wenn man sich mit internationalen Geschäftsvorgängen beschäftigt. Mir geht es in diesem Blogpost um Royalties als Vergütung für Aufführung oder Wiedergabe von stark durch Kreativität geprägten Werken im engeren und weiteren Sinne, in der Entertainment-Branche aktuell gerne auch allgemein als Content bezeichnet. Also die Umsetzung von Entertainment IPs in konsumierbare Inhalte und die Generierung von passivem Einkommen aus diesen über deren Lebenszyklus hinweg.
Und: Es geht hier nicht um jene Tantiemen-/Royalties-/Geld-Ausschüttungen, welche bspw. in der Musikbranche oder auch für Wort-Autoren erfolgen, bspw. über die einschlägigen Verwertungsgesellschaften wie GEMA oder ASCAP oder VG Wort. Natürlich können auch diese Erlöse bei Personalunion zwischen Urheber und Rechteverwalter für den jeweiligen Inhaber der Urheberschaft relevante Einnahmen erzeugen – je nach Markterfolg des geschaffenen Contents. Gerade im für Entertainment IPs so wichtigen Markt für Games, Filme, TV-Serien etc. spielen diese Tantiemen-Ausschüttungen aus Produzenten-Sicht allerdings eher eine nachrangige Rolle. Weil die Verwertungsgesellschaften in der Regel sehr auf die Bedürfnisse von Einzelkreativen zugeschnitten sind. Weil insbesondere in der Musikbranche noch mindestens zwei Hände voll Besonderheiten zu berücksichtigen sind, um das Thema Musik-Royalties zumindest einigermaßen Sinn stiftend abzubilden.
Zurück zu Jerry Seinfeld. Die Royalties, welche ihm und seinen Kollegen (bspw. Co-Creator Larry David) bzw. der Produktionsfirma zufließen werden im Wesentlichen für zwei Dinge bezahlt: Das Nutzungsrecht an der TV-Serie “Seinfeld” zur Ausstrahlung bzw. Vorführung oder Vervielfältigung (bspw. DVDs). Oder auch für die Lizenzierung des Namens, bspw. für Merchandise wie T-Shirts. Um seine Beteiligung an tunlichst allen Einkünften aus der “Seinfeld”-Serie sicherzustellen, war bzw. ist es für Jerry Seinfeld wichtig gewesen, dass er schon ganz am Anfang, als der weltweite, jahrzehntelange Erfolg von “Seinfeld” überhaupt noch nicht abzusehen war, sich selbst in die Creator-/Produzenten-Position begeben hatte. Diese Position räumt ihm bis heute einen festen Platz am Tisch derer ein, welche direkt am wirtschaftlichen Erfolg der Serie “Seinfeld” partizipieren.

Nur darum gilt heute: während Jerrys einstige TV-Serien-Co-Stars wie Jason Alexander (George) oder Michael Richards (Kramer) heute mit vergleichsweise bescheidenen zwei- bis drei-stelligen Millionenvermögen durch den Tag kommen dürfen, war bzw. ist das Vermögen von Seinfeld selbst ca. Faktor 10 höher, weil er eben als Erschaffer und Produzent der Serie an wirklich jedem Geldfluss partizipiert, welchen die Serie bis dato generiert. Und da fließt bis heute weiterhin nicht wenig Geld.
Durch den großen Erfolg von “Seinfeld” war die Serie bereits seit Jahrzehnten ein beliebtes Einkaufs-Thema für internationale TV-Networks. Dann kam die Zeit des Streaming.
Erst im September 2019 hat Netflix einen Deal unterschrieben, nach welchem die Streaming-Plattform insgesamt ca. 500 Millionen USD bezahlt für die exklusiven Streaming-Rechte der gesamten “Seinfeld”-TV-Serie (gültig ab 2021, Dauer: Fünf Jahre). Finanziell extrem interessant. Auch – insbesondere! – weil erst vier Jahre zuvor die US-Streaming-Plattform HULU 160 Millionen USD für die US-Streaming-Rechte von Seinfeld auf den Tisch gelegt hatte.
Zusätzlich zu diesen Leuchtturm-Deals gibt es global noch einige weitere Lizenzierungen für Seinfeld, bspw. in den Bereichen Free-TV, Pay-TV oder Kaufmedien, deren Aufzählung im Detail hier den Rahmen sprengen würde. All diese Lizenzverkäufe haben aber immer eines gemeinsam: Royalties fließen in die Taschen der Produktionsfirma und von Jerry Seinfeld.
Sicherlich war Seinfelds Entscheidung auch als Produzent zu fungieren ursprünglich weniger von Geld als vom Bemühen um die Kreativ-Hohheit über den Inhalt der Serie bestimmt. Immerhin trug die TV-Show seinen Namen. Er war damit auf Gedeih und Verderb für seine berufliche Zukunft vom Erfolg der Serie abhängig. Und natürlich ging Seinfeld bereits damals auch ein gewisses Risiko ein. Der damals die Produktion der Serie bezahlende TV-Sender NBC ließ sich – branchenüblich – Jerrys Sitz an der (zunächst nur theoretischen) Quelle sicherlich gut bezahlen: Was in der Regel bedeutet, dass der Autor/Creator/Produzent weniger fixe Entlohnung für seine konkrete Arbeit “upfront”, während des Herstellungsprozesses, bekommt. Im Gegenzug für das unternehmerische Wagnis gibt es dann die so genannten “Back-End-Deals”. Sprich: Im Erfolgsfall, nach Abzug aller Kosten, also “hinten raus”, gute Aussichten richtig prall zu partizipieren. Solche Royalties aus Back-End-Deals haben über die Jahrzehnte nicht nur Seinfeld reich gemacht, sondern auch viele andere Kreative und Produzenten in der gesamten Entertainment-Branche.
Die jeweilige Höhe der Tantiemen/Royalties, welche bspw. Jerry Seinfeld – oder jeder andere Marktteilnehmer – aus den jeweiligen Deals erhält, wird von verschiedenen Parametern bestimmt: Zum einen durch die Verträge welche man als Produzent/Creator/Schauspieler/Autor geschlossen hat. Zum anderen auch teilweise durch Verteilungsschlüssel, welche sich als Mitglied einer Berufsinteressenvertretung/Gewerkschaft aus deren Rahmenverträgen ergeben (bspw. für Schauspieler die US-Gewerkschaft SAG/AFTRA. Wobei Gewerkschaften in Hollywood vielmehr als von kommerziellen Interessen getriebene Lobby- und Berufsverbände zu verstehen sind als bspw. in Europa.) Das jeweilige Interesse einer Person oder Firma an den geschäftlichen Aspekten des Entertainment-Geschäfts spielt beim Sichern von Royalties natürlich auch eine Rolle. Fachwissen, Verhandlungsstärke und der Wille sich mit betriebswirtschaftlichen und juristischen Zusammenhängen auseinanderzusetzen sind hilfreich, um langfristig immer einen guten “Royalty Check” zu erhalten. Selbstredend steht gerade Jerry Seinfeld hierbei schon immer im Ruf ein gewiefter, manchmal vielleicht sogar etwas zu gewiefter, Geschäftsmann zu sein.
Das Royalty Modell für Creator/Produzenten steht allerdings derzeit auch teilweise unter Veränderungsdruck. Relativ neue Marktteilnehmer wie bspw. Netflix bevorzugen immer wieder so genannte Total-Buyout-Deals. Also Verträge, welche gegen Einmalzahlung alle Rechte eines Entertainment-Produktes – und damit auch zumindest an der kompletten, audiovisuellen Umsetzung der jeweiligen Entertainment IP – für immer oder zumindest für eine sehr lange Laufzeit fest zugesichert bekommen. Natürlich in so einem Falle dann gegen eine sofortige, vergleichsweise zumindest etwas höhere Einmalzahlung, weil jede Chance auf Back-End-Royalties für die anderen Partner entfällt. Allerdings gab es solche Bemühungen um tunlichst gegen jede Mitsprache Dritter abgesicherte Vereinbarungen gerade in Hollywood schon früher. Die Möglichkeit zum Back-End-Deal für Produzenten und Kreative ist auf breiter Front gerade mal die letzten ca. 30, 40 Jahre in der Branche durchsetzbar geworden. Zuvor war bei den Traditionsstudios (Universal, Warner, Paramount etc.) auch der Fokus auf Buyouts gerichtet. Um mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand tunlichst alle Rechte für tunlichst wenig Geld einzufangen.
Wachsender Konkurrenzdruck hat dieses Spiel über die Jahrzehnte aufgeweicht; bis hin zu Situationen, in welchen SchauspielerInnen oder AutorInnen, die bereit waren auch als ProduzentInnen zu agieren, sich die besten Back-End-Deals zwischen den Studios aussuchen konnten. Bedenkt man nun dass aktuell bspw. mit Apple und HBO oder Peacock viele neue Player ins Streaming-Geschäft drängen, so wird schnell klar, dass auch hier der Wettbewerb alsbald abermals vom besten Back-End-Deal-Angebot und nicht von der dicksten Upfront-Brieftasche allein definiert werden wird.
Natürlich, auch das muss man klar sagen, ist der dauerhafte und internationale Erfolg von Seinfeld ein Phänomen in einer finanziellen Dimension, die eher selten vorkommt. Allerdings handelt es sich dabei auch nicht um eine bloße Einzelerscheinung. Im Sommer 2019 hat HBO/Time Warner für die hauseigene Streaming-Plattform die Rechte der TV-Serie “Friends” erworben; für den Gesamtpreis von 425 Mio. USD für fünf Jahre. Zur selben Zeit erwarb NBC/Universal alle Staffeln von “The Office” auf fünf Jahre für 500 Mio. USD. In beiden Fällen war Netflix überboten worden. Man darf also gespannt sein was der Markt noch für große Überraschungen bereit hält, sollten die großen Serien-Hits der Gegenwart einmal als Angebot bereit stehen. Auch viele andere Deals spiegeln immer wieder die Attraktivität der Royalties so genannter Katalog-Verkäufe; dabei geht es oft um verglichen mit “Seinfeld” kleinere Beträge; die relative Rentabilität bezogen auf die Zahlen bleibt dabei die gleiche.
Aber, selbst wenn die Zeit der Maximal-Preise für immer vorbei wäre, niemand darf bei diesen Deals vergessen: Hier handelt es sich um Einnahmen zusätzlich zu den Vergütungen für die Aufwendungen der ursprünglichen Produktion. Es geht sozusagen um den Verkauf von Lagerware. Das passive Einkommen wird durch den Verkauf von bereits rentablem Content als Zusatz erzeugt. Sicherlich einer der elegantesten Wege um (fast) Milliardär zu werden.
Und, “Hey”! Die fünfzig Millionen, die Jerry Seinfeld noch fehlen zur Milliarde wird er auch noch irgendwo finden. Wenn er sie nicht inzwischen – heimlich, still und leise – längst hat. Denn auch seine aktuelle Dokumentar-TV-Serie “Comedians in Cars Getting Coffee” ist schon längst ein respektabler Hit … Nicht schlecht finde ich für einen Royality-Milliardär, der dabei vor der Kamera nichts anderes tut, als mit Royality-Millionären in seltenen Oldtimer-Autos durch die Welt zu fahren und Kaffee zu trinken …