“Binge-watching” – Serienmarathon dank Streaming-Plattform. Ein Meta-Trend im Medienkonsum. Wie es dazu kam, was er für die Zukunft der Branche bedeutet.
Die Situation: Wir leben in einer Zeit der technisch ermöglichten, allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Inhalten, aus der eine stetig wachsende “Immer, überall”-Erwartungshaltung seitens der Konsumenten resultiert. Wirklich gewinnen kann hier nur derjenige Anbieter, welcher die stärksten Geschichten exklusiv an sich zu binden weiß. Originalität und Mut zur thematischen Überraschung spielen dabei für das Einnehmen einer führenden Marktposition ebenso eine große Rolle, wie das Wissen der MacherInnen hinter den Kulissen um die richtige Umsetzung für die richtige Zielgruppe in den richtigen Vertriebskanälen.
Werfen wir kurz einen Blick zurück: 10. Januar 1999. Die Revolution beginnt in Stille. In der ersten Szene der nach seiner gleichnamigen, fiktiven Familie benannten TV-Serie sitzt Tony Soprano in einem Wartezimmer und betrachtet die Bronze-Statue einer nackten Frau. Als ihn eine Frau in ihr Sprechzimmer bittet wird klar: Das Publikum wird gerade Zeuge wie der Mafioso einen Psychotherapie-Termin absolviert. – Ein Dammbruch.
Die Macher der Serie, und mit ihnen auch der ausstrahlende Pay-TV-Sender HBO (“Home Box Office”, USA), wagten mit den “Sopranos” von der ersten Sekunde an sehr viel – und gewannen alles! Ein Mafia-Boss geht zur Therapeutin – eine Szene, die gleich zu Beginn alles in Frage stellte, was bislang für Mafia-Filme oder -Serien als unumgänglicher Bestandteil einer erfolgreichen Neu-Umsetzung gegolten hatte. Sprich, im Wesentlichen irgendwie eine Neuauflage von “Der Pate 1-3” anzubieten. Also konservative Rollenbilder mit starken Männern die immer gewinnen und die arglose Frauen befehligen, dazu Intrigen galore verbunden mit einem Schuss Italien-Herrlichkeit und Gesetzesbruch-Glorifizierung.
Doch dann ging Tony zur Therapeutin. Eine Szene, die in nur wenigen Minuten die für immer als fixiert geglaubten Stützpfeiler des Mafia-Film-Genres einriss und in Stücke zerfetzte. Um aber zugleich im selben Moment, wie Phönix aus der Asche, den Begriff “Mafia-Erzählung” komplett neu zu definieren. Doch nicht nur das. “Die Sopranos” sollten auch die Film- und TV-Welt für immer verändern. Und die gesamte Welt des Entertainment gleich mit.

Radikal sprengte die Serie alle Konventionen des Mafia-Film- und Mafia-TV-Genres. Und sie warf auch bislang als unabdingbar angesehene Erzähl-Strukturen für TV-Serien generell immer wieder massiv über den Haufen. Man ließ zum Beispiel von der ersten Staffel an beliebte Charaktere in Reihe sterben. Oder porträtierte stets einen intimen, privaten Blick auf Mafia-Familienväter, die vor allem auch mit massiven Anti-Pate-Themen konfrontiert waren. Die Twists&Turns der Hauptstory – der Überlebenskampf der Mafia-Familien von New Jersey – stellten dabei jede Art von bürgerlicher Moral und Anstand immer wieder massiv in Frage und scheuten auch vor dem Blick in gesellschaftliche Abgründe nie zurück. Aus den Darstellungen vieler Hauptfiguren wurden dabei regelrechte tiefenpsychologische Analysen. Verbunden mit den für Mafia-Erzählungen typischen Crime-Elementen entstand so süchtig machendes, fiktionales TV.
Das Publikum war begeistert. Hier kam alles zusammen: Exzellentes Storytelling, großartiges Production Value, außergewöhnlich gute SchauspielerInnen, Spannung, Komplexität, die Befriedigung des Blick-hinter-den-Vorhang-Voyeurismus. Sprich: Das alles zusammen war auf fantastische Art dazu geeignet die Fans lange in ihren Bann zu ziehen. Am Ende gab es über acht Jahre hinweg insgesamt sechs Staffeln der Serie mit schlussendlich 86 Episoden. Nicht nur für eine derart radikal neu gestrickte Drama-TV-Serie ein absolut überraschender, bahnbrechender, so noch nie da gewesener Erfolg. Sondern eben auch ein wirklicher Paradigmen-Shift in der TV-Unterhaltung. Es war der Beginn dessen, was in der Branche seither gerne als Peak-TV beschrieben wird.
Die Sopranos waren eine Sensation. Ein weltweiter Erfolg. Und das sichere Ende der jahrzehntelangen Dominanz des Kinos als stil- und inhaltlich maßgebendes Format für Bildgestaltung und Erzähl-Struktur. Dank der “Sopranos” wurde Fernsehen in den frühen 2000ern (wieder) salonfähig. Dank der “Sopranos” wurden extrem lange Formate von jedem Makel des Zeitfressers befreit.
Ohne “Die Sopranos” hätte es möglicherweise NETFLIX wie wir es heute kennen nie gegeben. Denn die Serie war auf ihre Art auch wichtiger Wegbereiter der heutigen Art des Serien-Konsums: “Binge-watching” – Der Serienmarathon.
Weil die Erzähl-Struktur so komplex, die Charaktere so tief gezeichnet und die Story so facettenreich war, machte sich beim Publikum damals ab etwa der dritten Staffel Unmut breit über die Ausstrahlungs-Rhythmen der die Serie anbietenden Sender. Menschen begannen sich die DVD-Boxen der gesamten Staffeln zu besorgen und über das Wochenende am Stück alle Episoden in Reihe zu schauen. Bei Fans gern gesehen war dabei auch über das Internet bestellte Import-Ware, bspw. aus den USA. Das Binge-watching war geboren.
Ohne dieses große Interesse an Binge-watching hätte Netflix nie so schnell und so breit und so tief mit seinem Streaming-Service wachsen können, wäre das Interesse an Streaming nie so weit verbreitet vorhanden gewesen.“Die Sopranos” eröffneten sozusagen dem Streaming den Weg zum Siegeszug um die Welt.
Mit Preisen überhäuft (bspw. 21 Primetime Emmy Awards mit 111 Nominierungen), im Markt mit großer Nachfrage bedacht (allein die Zweitverwertungsrechte für TV in den USA erlösten in 2005 ca. 200 Mio. USD) – “Die Sopranos” veränderten für immer die Art wie in der Entertainment-Branche neue Themen, neue Inhalte gefunden, entwickelt, gestaltet und vermarktet werden. Sie schufen damit ganz neue, heute weiterhin gültige Herausforderungen, welche einige Marktteilnehmer immer noch vor massive Probleme stellen.

Denn, aufmerksame LeserInnen haben es oben bereits bemerkt: Die “Sopranos” waren in Struktur, Narrativ-Aufbau und Herangehensweise des Erzählen so etwas wie eine Blaupause für eine weitere, global mega-erfolgreiche HBO-Serien-Produktion. Das aktuell als bis dato als weltweit erfolgreichste TV-Serie eingestufte “Game of Thrones” (“GoT”) ist in vielerlei Hinsicht eine Kopie der überaus komplexen Erzähl-Struktur rund um intrigante, hochpolitische und oft mörderische Familien- und Geschäftsereignisse. Visuell stark inszeniert, perfekt vermarktet.
Neu dazu kam bei “Game of Thrones” zudem, dass neben der Serie auch schon früh parallel weitere Auswertungs-Formate für das IP (Intellectual Property) aktiv erschlossen wurden, welche den Fans die Möglichkeit bieten die “GoT”-Storyworld ebenso horizontal wie vertikal zu erkunden. Neu war dabei gar nicht einmal unbedingt der Fakt “Buch zum Film” oder “Games zur Serie”, sondern vielmehr die hohe Qualität der einzelnen Storyworld-Bausteine bei gleichzeitiger Komplexität des Narrativs. In anderen Worten: Die beeindruckende Gesamtqualität des kompletten Entertainment IP.
Die HBO-Mitbewerber in der Film-, TV- und Games-Landschaft haben seit “GoT” mit der Herausforderung zu kämpfen welche die “GoT”-Benchmark gesetzt hat. Denn die dort einst eher auf eindimensionale Narrative und lineare Auswertungs-Formate fokussierten Entwicklungsprozesse (“Komm, wir machen eine TV-Serie …”) können mit den neuen Entwicklungs- und Gestaltungs-Ansprüchen oft nicht Schritt halten. Komplexere Narrative zu gestalten und zu vermarkten erfordert wesentlich mehr Aufwand und Bemühungen um erfolgreiche Punktlandungen am Markt zu orchestrieren.
Die einzelnen Player antworten auf die Herausforderung mit massiven Investments in ihr eigenes Real Estate: Der Disney-Konzern hat bspw. mit Global Launch in 2020 unter dem Namen Disney+ in seinem eigenen Streaming-Service all seine audiovisuellen Angebote von Mickey Mouse über Pixar sowie alle Marvel-Filme bis hin zum vollständigen Star Wars-Universum gebündelt. Entertainment-Gigant NBCUniversal tut aktuell dasselbe mit seinen eigenen Inhalten unter dem Marktnamen Peacock. Apple hat Apple+ ins Leben gerufen um seine eigene Content-Library zu vermarkten. Die Bezahlsender HBO und SKY bieten eigene Streaming-Kanäle für ihre exklusiven Inhalte an. Die auf Audio-Inhalte fokussierte Streaming-Plattform Spotify hat in ihrem Bemühen die #1 im globalen Angebot von Podcasts zu werden erst jüngst “JRE – The Joe Rogan Experience” mit einem USD 100-Exclusive-Deal an sich gebunden und damit von YouTube/Google bzw. Apple abgeworben. Noch vor zehn Jahren wäre “JRE” ohnehin ein klassisches Free-TV-Thema für einen großen US-Sender wie bspw. NBC gewesen.
Die Marktteilnehmer stellen sich mit ihren Aktivitäten den Herausforderungen der immer relevanter werdenden neuen Welt des Content-Streamings. Und produzieren damit, angeheizt durch das oben beschriebene, veränderte Konsumentenverhalten, einen Nachfrage-Überschuss nach relevanten IPs. Für die weltweite ebenso wie die regional begrenzte Vermarktung.
Aktuell strukturieren wir ein innovatives Fonds-Konzept das, den Marktnotwendigkeiten folgend, passgenau in Kauf und Weiterentwicklung, Rights-Administration sowie die richtige Abstimmung von Inhalt, Auswertungs-Formaten, Monetarisierungs-Modellen, Marketing von starken, potentialreichen Geschichten von Entertainment IPs investieren wird. Ein Incubator-Accelerator-Approach für Entertainment IPs.
Wir tun dies mittels einer auf unserer 25jährigen Markterfahrung basierenden, von uns selbst entwickelten, exklusiven Nutzwert-Analyse-Matrix. Diese analysiert, beurteilt, bewertet und kategorisiert vor jeder Investment-Entscheidung in der Auswahl befindliche Themen, Stoffe, Inhalte, Vertriebs- und Marketingoptionen wie bspw. Star Power, sowie alle geschäftlichen Optionen eines Projektes bis ins Detail.
Mit diesem ganzheitlichen Vorgehen und schnellem, den Notwendigkeiten der digitalen Welt verschriebenem, passgenauem Vereinen von Kreativität und Kapital können wir auch Partner zu attraktiven IP-Markteinführungen begleiten, die mitunter aktuell noch Probleme mit der Justierung an die neue Entertainment-Welt haben.
Wären Sie interessiert an einem Investment in solch ein Vehikel? Die Marktchancen sind groß und versprechen noch größer zu werden.
Denn eigentlich dürfen fiktive Helden der 2020er Jahre alles. Zum Beispiel eben auch depressive Mafia-Paten sein.
Aus Geschäftssicht ist für die erfolgreiche Vermarktung solch facettenreicher Geschichten wie der Sopranos die richtige Umsetzung für die richtige Zielgruppe in den richtigen Vertriebskanälen zielführend. Denn allein die Bereitstellung eines technischen Formats – bspw. Streaming – hält kein Publikum bei der Stange. Technik an sich gewinnt nicht. Vielmehr ist die Kombination aus angebotenem Content im richtigen Format an der richtigen Stelle im Markt immer wieder eine erfolgreiche Strategie in der Entertainment-Branche. “Content is king.”